Bilder & Berichte

2019: Radtour mit Petra Eißing zum Thema „Kunst im öffentlichen Raum“

Sonntag, 04.08.2019

In diesem Jahr fand dieses Thema – wie immer von Petra Eißing mit hohem Engagement und intensiver Recherche vorbereitet und durchgeführt – reges Interesse. Waren es bisher nur relativ wenige Teilnehmer, so konnten in diesem Jahr 25 interessierte Personen am Atlantisbad bei herrlichem Sommerwetter begrüßt werden!

Die von ihr geführte und umfangreiche „Kunstroute“ begann sogleich an unserem traditionellen Treffpunkt, dem Atlantisbad: Hier hatte in 2017 der in Dorsten aufgewachsene Matthias Scheidig unter dessen Marke möestyle.de großräumig auf 250m zwei Wände des Hallenbades mit Graffitos verschiedenster Themen gestaltet, u.a. kommen auch Dorstener Motive vor – sehr beeindruckend und wirklich sehenswert ! Danach ging es aber auf das Rad und ab in die Innenstadt zum Vorplatz der Ursulinenkirche des gleichnamigen Klosters in der Ursulastraße.

Ablauf der Tour

Hier hatte der Dorstener Kunstverein aus Anlass seines 25-jährigen Bestehens der Stadt Dorsten in 2002 eine Steinskulptur (Stele) aus der natürlich gewachsenen Lava-Basaltsäule von rund 4,50 m Höhe und 0,70 m Stärke des Bildhauers Christoph Wilmsen-Wiegmann geschenkt. Es lohnte sich kaum wieder auf das Rad zu klettern, ging es doch nur wenige Meter weiter zur Baustelle Fußgängerzone in die Lippestrasse und dort zum ehemaligen Franziskaner-Kloster mit der St. Anna-Kirche („Franziskaner-Kirche“) und der Marienkapelle. Der Klosterbereich wurde seinerzeit zur Hälfte verkauft und auf dem verbliebenen Grundstück 1977/78 ein neues Kloster und eine neue Kirche gebaut, eine Gemeinschaftsplanung der beiden Dorstener Architekten Dipl.-Ing. Prof. Manfred Ludes und Dipl.-Ing. Joachim Zschoch. Der Grundriss der Kirche wurde auf der Basis von zwei um 45° versetzten Quadraten als achteckige Raumkirche entwickelt. Der höchste Punkt des Raumes liegt über der Altarzone. Bei dieser Gelegenheit fiel der Blick der Besucher natürlich auch auf die ehemalige „Brunnenanlage“ mit dem Kunstwerk des aufgebrochenen Granatapfels von Paul Brandenburg: er sollte im Zuge des Innenstadt-Umbaus eigentlich wieder in Betrieb genommen werden - doch daraus wird nichts – nach wie vor zu teuer und so bleibt es „nur“ bei einem Kunstwerk, jetzt aber auf einem Sockel - 1976 symbolisch für das neu aufbrechende Leben nach der Zerstörung der Dorstener Innenstadt zum Ende des 2. Weltkrieges installiert.

Es geht weiter zum Johannes-Quartier - zur ehemaligen kath. Kirche St. Johannes, die mittlerweile profaniert und zur neuen Heimat der kath. Familienbildungsstätte (FBS Dorsten-Marl) des Bistums Münster aufwendig umgebaut wurde – früher an der Idastraße in Holsterhausen zuhause war und am 01.09.19 ab 11:00 Uhr zum großen Familientag einlädt. Da es ein Sonntag ist, hat diese natürlich geschlossen und ist auch nicht das eigentliche Ziel von Petra Eißing. Vielmehr ist es die in dem weitläufigen Gebäudekomplex ebenfalls neu gestaltete St. Johannes-Kapelle des Hauses - die auch der Gemeinde St. Agatha zur Verfügung stehen soll - zu der sie einen Schlüssel hatte und die Gruppe eintreten ließ: In dem hohen, weißgetünchten und schlicht gestalteten Kirchenraum fiel das Sonnenlicht durch die schönen in rot und blau gehaltenen in 1966 eingebauten farbenfrohen Kirchenfenster, die in Linien und Farben Themen aus dem Leben des Kirchenpatrons darstellen und dem Raum eine ganz eigentümliche Atmosphäre verlieh. Das eigentliche Ansinnen aber war u.a. die Betrachtung der in der Kapelle vorhandenen Werke der Dorstener Künstlerin Schwester Paula (Tisa von der Schulenburg): Ein handgeschnitzter Kreuzweg aus Eichenbalken, ein mit Symbolen der Evangelisten gestaltetes Tabernakel aus Bronze und eine Schutzmantelmadonna.

Wieder auf dem Fahrrad, führte die Exkursion auf dem Radweg der Marler Straße nur einige Meter weiter – entlang der ehemaligen Familienbildungsstätte / Gemeindehaus / Kindergarten der St. Johannes-Gemeinde – bis es zwischen den Gebäuden nach rechts in eine Art „Innenhof“ ging: dem neuen Zentrum der umgezogenen Geschwister-Scholl- und der Dietrich Bonhoeffer – Hauptschule. Hier hatte man zentral auf dem Schulhofgelände eine kleine Ruhezone eingerichtet – in deren Mitte sich eine ebenfalls von Schwester Paula gestaltete Säule incl. Gedenkplatten befindet und an die entsetzliche Behandlung und späteren Ermordung u.a. der Teilnehmer rund um die heute wohl bekannteste Widerstandsgruppe des Dritten Reiches, der Weißen Rose (1942/43) erinnern soll. Kern der Gruppe waren die Geschwister Sophie und Hans Scholl, Christoph Probst, Willi Graf, Alexander Schmorell und Professor Kurt Huber, entstanden aus einem Freundeskreis von Münchener Medizinstudenten. Auch hier wieder ein beeindruckender Moment an einer Stelle unserer Stadt, die ganz sicher nicht sehr vielen Bürgerinnen und Bürger bekannt sein dürfte. Aber es sollte noch längst nicht alles gewesen sein, was den Teilnehmern*innen dieser doch etwas besonderen Radtour geboten wurde: nächste „Kunststation“ war die aktuelle Ausstellung „vor Ort“ in der ehemaligen Maschinenhalle des rührigen Bergbauvereins auf dem ehemaligen Zechengelände von „Fürst Leopold“ , dem Creativ Quartier an der Halterner Straße. In Kooperation und auf Initiative des bekannten Dorstener Kunstvereins „virtuell-visuell“ hatte deren Vorsitzende Sabine Bachem berichtet, wie es zur Zusammenarbeit mit 22 Studierenden der Essener Hochschule für Bildende Künste kam: wir haben die Klasse direkt angesprochen und eingeladen, hier auszustellen; das wäre aber ohne den Dozenten und Künstler Qi Wie Chang nicht möglich gewesen. Thematischer Schwerpunkt ist das Industrie-Flair zur Zechenvergangenheit. Jedes Werk, ob Gemälde oder Kunstinstallation, sollte perfekt zur Geltung kommen und davon konnten sich alle Besucher an diesem Sonntagnachmittag auch persönlich überzeugen, dass dieses Ansinnen auch gelungen ist.

Und schon ging es weiter, jetzt aber so richtig mit dem Rad „auf Strecke“ gehend – über die Kippheide hinein in das Herz von Neu-Wulfen (Barkenberg) – der wiederentdeckten „Stadt der Zukunft“, über den weitläufigen, mit roten Steinen gepflasterten und eigenwillig landschaftsarchitektonisch gestalteten Schulhof der Gesamtschule Wulfen mit dem ebenfalls „trockenen“ in den Boden eingelassenen Froschbrunnen in der Mitte des Platzes – bis hin an das Ufer des beliebten und gerne besuchten Barkenberger Sees. Hier auf dem Wasser wartete wieder ein „Kunstwerk im öffentlichen Raum“ auf uns: das bunte "Haus der Träume". In 2015 wurde die Kunstinstallation von Kanus zur Seemitte geschleppt. Ganz viele Gesamtschüler hatten dafür Teile gestaltet. An dem Projekt waren u.a. beteiligt: Ariane Schöne (Kulturagentin), Brigitte Stüwe (Künstlerin), Katrin Block (Kunstlehrerin), Reinhold Leeners und seine Technikgruppe. Unser heutiger „Park-Bürgermeister“ und damalige Leiter der Gesamtschule, Hans Kratz, stellte es den vielen Besuchern, der Schüler- und Lehrerschaft vor und hielt die obligatorische Ansprache. Um zur nächsten und vorletzten Kunststation zu gelangen, wurde über den Marktplatz, vorbei an der ebenfalls „trockenen“ Wassertreppe auf den mitten durch Barkenberg führenden und alle Wohngebiete miteinander verbindenden Napoleonsweg eingebogen, vorbei an einem - eigentlich auch als Baukunst zu bezeichnenden Gebäudekomplex: es handelt sich hierbei um ein sehr gelungenes Architektur-Beispiel - der in 1975 fertiggestellten "roten" Finnstadt - bestehend aus 4 kreuzförmigen, terassierten, fünfgeschossigen Häusern (A, B, C, D) im Surick 121-203. Architekten sind Toivo Korhonen und Lauri Sorainen, Helsinki. Ursprünglich aus einem Wohnungsbaugutachten 1969 hervorgegangen und als Experimentalbau geplant, wurde es doch auf klassische Weise von der Wulfener Wohnungsbau GmbH gebaut. Im Gegensatz zu den anderen Großobjekten wurde es nicht als sozialer Wohnungsbau gefördert. Darum sind es alles Eigentumswohnungen. Wegen des großen Erfolges wurden zwei weitere Häuser (E und F) dieses Typ nördlich der Baugruppe Marschall errichtet. Diese sind mit Naturschiefer verkleidet und werden deshalb auch schwarze Finnstadt genannt. Zudem sind sie in ein Wäldchen gebaut und wirken deshalb viel dunkler, also optisch ganz anders als die roten Bauten. Adresse Dimker Allee 97. Hinter dem evangelischen Gemeindezentrum nach links abbiegend, geht es nun zum letzten der von Petra Eißing ausgedachten und geführten Kunst-Exkursion auf Dorstener Gebiet: In den Jahren 1979-80 entstand die Skulptur Nr. 466 (Dyna-Trapass, Remanit dynamisiert, 350 x 200 x 313 cm) von Friederich Werthmann. Die metallene, eigenwillige Skulptur steht an einer Brücke über den Midlicher Mühlenbach im Hetkerbruch und wird im Volksmund auch das „Tor zum Münsterland“ bezeichnet. In Marl gab es eine Ausstellung "Friederich Werthmann zum 75. Geburtstag" vom 13.04. - 22.06.03 im Skulpturenmuseum Glaskasten.

Das war`s – wenn man nicht unseren obligatorischen Besuch eines Cafés o.ä. während oder am Ende einer Radtour auch noch als ein kleines „Kunstwerk“ betrachten möchte – der Besuch bei Jutta und Fitzi Kleine-Vorholt in Lembeck-Beck an der Lippramsdorfer Straße 250 – direkt neben der bekannten Midlicher Mühle: „Unser Garten ist sehr kreativ gestaltet und gehört zum Kiosk-Café 'Tante Guste' - so die charmante Besitzerin und begeisterte Montainbikerin der weitläufigen Liegenschaft inmitten der idyllischen Natur und praktisch „direkt vor unserer Haustüre“ gelegen. Allerdings konnten an diesem sonnigen Nachmittag wegen der Fülle an Besucher*innen nicht alle dieses Eiland genießen; aber für unsere Tourenleiterin kein Problem – sie fuhr mit einem Teil einfach weiter zum nächsten bekannten „Kleinen Café“ nach Lembeck – vor den Toren des Schlosses – und alle waren zufrieden. Der Verkehrsverein Dorsten sagt ein großes Dankeschön der Dorstener Gästeführerin Petra Eißing für dieses tolle Event!

Fotos