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2021: Gebuchte Radtour zum Thema „vom Einkorn zum Mehrkorn – Kulturgeschichte des Getreides“ mit Petra Eißing“

Freitag, 02.07.2021

Diese Themen-Exkursion, verteilt auf 3 Termine, wurde von unserer Dorstener stadtinfo bereits in 2020 zum ersten Mal angeboten - und war unter Corona-Zeiten sofort ausgebucht. Und so bot Sabine Fischer, Leiterin der Stadtagentur/stadtinfo, den Mitgliedern des Verkehrsverein Dorsten eine der beliebten Touren in diesem Jahr exklusiv an. Auch jetzt war die erlaubte Personenzahl auf 20 begrenzt.

Einen passenderen Treffpunkt an diesem Freitagnachmittag um 15:00 Uhr konnte Petra Eißing nicht wählen: Direkt oberhalb der Vestischen Allee vor dem mit bunten Schirmen drapierten Kubus auf dem Platz der Deutschen Einheit – und das bei herrlichem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen. Die Themensetzung geht zurück auf eine seinerzeitige Kooperation zwischen Hans Rommeswinkel, Freiplanung und Umweltamt der Stadt Dorsten und Dirk Böckenhoff von der gleichnamigen Kornbrennerei in Dorsten und Erle. Zu einer runden Sache wurde es dann im letzten Jahr durch die Erweiterung mit der Mühle Mense in Hervest und der hiesigen Bäckerei Imping.

Urkorn, Emmer, Dinkel, Weizen – das ist eine Entwicklungsgeschichte, die auch auf unserer Radtour die charmante und kenntnisreiche Dorstener Gästeführerin - unterstützt von dem fachlich versierten Mit-Initiator Hans Rommeswinkel und verbunden mit den Besuchen der o.g. heimischen Betriebe - anschaulich und unterhaltsam innerhalb der Dorstener Stadtgeschichte darzustellen wusste.

Ablauf der Tour

Die Exkursion ging dann von der Altstadt aus nach Maria Lindenhof zum Atlantisbad, genau genommen zu der dort aufgestellten und von den Beschäftigten des Bildungcentrums Nies in der Barbarastrasse liebevoll und mühsam nachgestellten „Dorstener Aak“, einem der typischen Lastkähne seinerzeit auf der Lippe. Diese Aak wurde dann professionell unter fachlicher Mitwirkung des Dorstener Heimat- und Ortsvereins zum kleinsten aber feinsten Museum in Dorsten eingerichtet und kann nach der Pandemie sicher wieder besucht werden.

Es ging weiter zur bekannten Mühle Mense in Hervest-Dorsten. Barbara Mense gibt uns hier vor dem Gebäude anschaulich Einblicke in den Beruf des Müllers gestern und heute und zeigt, neben der Einrichtung der Mühle selbst und dem dortigen Mühlprozess , verschiedene regionale Produkte der alten Getreidesorten, die seit einigen Jahren mehr und mehr an Interesse.

Dann geht es weiter hin zur ehemaligen Molkerei und hier zum Hauptsitz der Bäckerei Imping. Hier wartet die Geschäftsführerin Julia Imping schon mit einem freundlichen Lächeln vor dem Ladenlokal und erläutert uns die Brotherstellung im Allgemeinen und natürlich speziell den etwas komplizierten Herstellungsprozess der erst kürzlich produzierten und vermarkteten Eigenkreation des sog. „Stadtkronebrot“. Die Initiative dazu ging auf eine Anfrage des bekannten Parkbürgermeisters Hans Kratz zurück. Natürlich hatte Julia Imping auch kleine Probierstückchen vorbereiten lassen und reichte es an uns weiter – es mundete wirklich gut - und neben dem "Stadtkronebrot" – einem Mix aus Roggen und Dinkelmehl – wurde hier auch noch ein reines Dinkelbrot (allerdings mit Sonnenblumenkernen) zur Verkostung gereicht. Familie Imping bietet diese Brote - wie auch ein Emmerbrot - an ausgesuchten Tagen und wechselnd an. Und nachdem letzte Fragen und Klarstellungen aus unserem Kreis besprochen waren, ging es auch schon weiter zu einem Getreidefeld „Am Beisenbusch“ auf der Hardt (hinter dem Krankenhaus). Hier hatte Dirk Böckenhoff nach einer Mißernte der ursprünglich angebauten drei Getreidesorten in 2020 als Folge des Einsatzes einer nicht optimalen Sähmaschine, in diesem Jahr eine Blühwiese für unsere bedrohten Insekten angebaut (Buchweizen, Malve, Sonnenblume, Ringelblume sowie einen hohen Anteil an Alexandrinerklee). Petra Eißing und Hans Rommeswinkel erklären hier an dieser Stelle auch neuere historische Erkenntnisse:. Von den im mittelalterlichen Dorsten angebauten und gesammelten Nutzpflanzen hier am Nonnenkamp, sind nur wenige Nachweise mit archäobotanischen Untersuchungsmethoden gelungen –ihr prozentualer Anteil am hochmittelalterlichen Gesamtspektrum liegt bei unter 0,4%. Das Grundnahrungsmittel Getreide ist durch einige Früchte von Roggen (Secale cereale) und Gerste (Hordeum vulgare) belegt. Roggen stellte in diesem Zeitraum das Hauptgetreide dar, wobei dieser als Winterfrucht und Gerste darauffolgend als Sommerfrucht angebaut wurden. Auch Unkräuter, die auf den Getreidefeldern wuchsen, sind belegt. Auf der Hofstelle standen zudem Pflaumen- (Prunus insititia) und Pfirsichbäume (Prunus persica Auch Wildobstarten wie Brombeere (Rubus fruticosus), Himbeere (Rubus idaeus) und Schwarzer Holunder (Sambucus nigra) sowie Schalenfragmente der Haselnuss (Corylus avellana) sind zahlreich belegt worden.

Anschließend ging es weiter zur Brennerei Böckenhoff an der Kirchhellener Allee – zunächst aber erst an das neu bestellte Feld direkt hinter der Straße in Richtung zum Gelände der Brennerei selbst. Hier waren die drei ausgebrachten Getreidesorten Weizen, Dinkel und Emmer (Zweikorn) zu sehen - und trotz frühzeitiger Bestellung war leider kein Saatgut für das Urkorn (Einkorn) zu bekommen -so Böckenhoff, hoffe er aber jetzt auf das nächste Jahr. Im Sonnenschein des späten Nachmittags stand das so angebaute Korn in diesem Jahr an dieser Stelle sehr gut und es schien bereit, bald abgeerntet zu werden. Nachdem er der Gruppe anschaulich die einzelnen Getreidesorten beschrieben hatte, ging es direkt nur wenige Meter weiter nun zum Betriebsgelände mit der Brennerei und dem Verkaufsraum. Hier erfolgte dann von Dirk Böckenhoff im Beisein seiner Schwägerin Melanie Mies eine kleine Exkursion zum Destillier und Herstellprozess seiner diversen wohlschmeckenden Brände („Geiste“ und Liköre) mit anschl. Verkostung der lokal gebranntem Emmer- und Kristallweizenkorn, aber auch den erst kurz zuvor aktuell hergestellten Himbeergeist und -likör konnten probiert werden.

Auch diese etwas speziellere Radtour war wieder lehrreich, unterhaltsam und gesellig. Der Verkehrsverein Dorsten bedankt sich dafür sehr- sowohl bei der Leiterin der Stadtagentur, Frau Sabine Fischer-Strebinger als natürlich bei Petra Eißing und Hans Rommeswinkel für die Organisation und Durchführung dieser Exkursion.

Fotos