Bilder & Berichte

2018: Besuch des Chemiepark Marl (Evonik, Infracor)

Donnerstag, 06.09.2018

Der lang ersehnte Regen setzte gerade an diesem Tage ein – also wurde mit dem Auto angereist. Treffpunkt war das Informations- und Besucherzentrum nahe Tor 1 des riesigen Werksgeländes, heute besser bekannt unter der Bezeichnung Chemiepark Marl.

Marl und die Chemie sind hier untrennbar miteinander verbunden, denn mit rund 10.000 Arbeitsplätzen – davon 650 für die Ausbildung, den kontinuierlichen Investitionen und technischen Innovationen ist dieser chemisch-industrielle „Gigant“ mehr als ein starker und ein für viele Berufsgruppen interessanter Arbeitgeber und Ausbilder, Steuerzahler und Auftraggeber in und für unsere(r) Region. Ganz aktuell hat dieses „Park-Gelände“ dann noch einmal eine massive Erweiterung erfahren: Rund 235.000 Quadratmeter Logistik- und Bürofläche stehen der Metro Logistics in 2 riesigen Hallen zur Verfügung.

Ablauf der Tour

Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens Hüls begann 1938 durch den Zusammenschluss der IG Farbenindustrie AG mit der Bergwerksgesellschaft Hibernia AG. Damit war der damals weltweit größte Chemiekonzern mit dem Bergbausektor der zu dieser Zeit staatlichen VEBA AG eine Zusammenarbeit eingegangen. Ziel war die Produktion von „Buna“, einem synth. Kautschuk, als Gummi – dringend benötigt zur Herstellung von Reifen und weiteren organischen Folgeprodukten. Der Standort war in der damaligen Situation günstig gewählt, lag er doch am Wesel-Datteln Kanal und in der Nähe von Kokereien und Hydrierwerken. Dadurch konnte bei der Produktion ein Kreislauf ausgebildet werden. Der Name „Hüls“ geht auf die Nähe zum angrenzenden Marler Stadtteil zurück, wo der Mutterkonzern I.G. Farben schon eine Zeche betrieb. Später firmierte der Komplex unter Chemische Werke Hüls AG (CWH) mit dem Hauptaugenmerk auf die Produktion von Kunststoffen, Rohstoffe für Waschmittel und auch wieder Buna. 1998 übernahm Infracor, ein Tochterunternehmen der Evonik Degussa GmbH das Gelände. Heute betreibt sie als Evonik Technology & Infrastructure GmbH den Chemiepark und bietet diesem praktisch alle Dienstleistungen rund um den Betrieb chemischer Prozessanlagen. Wer mehr zur Historie und dem Werdegang erfahren möchte, sei dieser Internet-Link empfohlen.

Unser Besuch begann zunächst im informativ gestalteten Besucherzentrum mit der Begrüßung und einem Vortrag von Jörg Stimpel, an diesem Tage verantwortlich für die Betreuung und Führung von Besuchern, vor einer großflächigen Lageskizze des gesamten Werkes und erläuterte anschaulich die Historie, den immer größer werdenden Umfang und die wachsende Bedeutung dieses Industrie-Areals - u.a. ist es auch eines von 25 Ankerpunkten der Route der Industriekultur, an denen Interessierte die Geschichte der Region erforschen oder den Spuren der Bergbau-, der Schifffahrts- oder Eisenbahngeschichte verfolgen können. Aber erst bei der anschl. Busfahrt durch den weitläufigen Chemiepark selbst mit dessen verschiedensten Gebäuden – das älteste beherbergte das ehemalige Lichtbogen-Verfahren zur Herstellung von Acethylen und Ethylen , den großen Destillationskolonnen, den Gasometern und den vielen Behältern für die zahlreichen Einsatzchemikalien und Herstellungsprodukten zeigte sich die ganze Dimension dieses Werkes. Desweiteren imposant anzusehen die zwei großen Kraftwerke – sowohl für Kohle als auch für Erdgasbetrieb – mit den beiden hohen Schornsteinen. Die Fahrt führte weiter zum Hafengelände mit den langen Tankschiffen auf dem Wesel-Datteln-Kanal. Dabei verteilt über das Gelände – strukturiert angeordnet und durchbrochen von Nummern-tragenden Strassen - auch die anderen, eigenständigen Industriebetriebe wie z.B. den Gaselieferanten Linde mit deren Luftzerlegungsanlage und die AirLiquide, die Sasol, Oxea, Vestolit, Röhm & Haas AG („Plexiglas“) – um nur einige zu nennen; den großen Laboratorien und der chem. Anwendungstechnik. Aber auch die großen Gebäude der Werksfeuerwehr, die wegen ihrer speziellen Kenntnisse in der Brandbekämpfung mit chem. Produkten auch bei anderen, ähnlich produzierenden Unternehmen zum Einsatz kommt und - nicht zu vergessen, das Gelände des großen Fuhrparks mit ihren Abfertigungsgebäuden zum Transport der oftmals gefährlichen und brennbaren Herstellungs- und Einsatzprodukte - man kam als Besucher aus dem Staunen nicht mehr heraus - bedingt aber auch durch die interessant vorgetragenen, kenntnisreichen Erläuterungen von Jörg Stimpel. So bot sich aus der 9. Etage des Evonik-Hochhauses zum Ende hin dann noch ein beeindruckender Ausblick auf die Werksanlagen, die Stadt Marl, das Ruhrgebiet und das Münsterland – allerdings leider nicht für uns an diesem verregneten Vormittag. Apropos Staunen: Schon im Informationszentrum begann ja das Staunen, zunächst anhand der Lageskizze und den dazugehörigen „Zahlen“ des Werkes, dann aber auch durch einen „kleinen“ Versuch mit einem u.a. bei der Evonik-Degussa bzw. BASF entwickelten und hergestellten innovativen Polymer-Kunststoff-Granulates auf Acrylamid-Basis – dem sog. Super-Absorber von polaren Flüssigkeiten wie z.B. Wasser und anderen wässrigen Lösungen. Das Versuchsergebnis war verblüffend.

Und so war auch dieser Besuch des Verkehrsvereins wieder ein beeindruckendes Erlebnis für alle Teilnehmer/innen, das bei einer Tasse Kaffee oder Tee im edlen Kaminzimmer des bekannten „Feierabendhauses“ seinen Ausklang fand. Der Verkehrsverein Dorsten bedankt sich nicht nur bei seinem Mitglied Werner Osterfeld für dessen tolle Idee und Organisation dieses Events sondern auch bei Jörg Stimpel und „seinem“ Busfahrer für die hervorragende Betreuung und Führung durch diesen traditionsreichen und doch immer hochmodernen Industriekomplex in unmittelbarer Nachbarschaft Dorstens.

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