Bilder & Berichte

2023: Radtour „Dorsten mit allen Sinnen (erfahren)“ mit Petra Eißing

Samstag, 16.09.2023

Das Wetter konnte nicht besser sein, als sich etliche Interessierte an der Radstation trafen, um mit unserer Gästeführerin Petra Eißing zu einer gemütlichen Radtour zu ganz besonderen Gastgebern in Dorsten aufzubrechen.

Sie hatte das Thema “Dorsten mit allen Sinnen erfahren” für diese Tour gesetzt und damit Neues ausprobiert - niemand aus unserer Gruppe wusste, wohin es wohl heute gehen würde.

Ablauf der Tour

Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten – das sind die klassischen 5 Sinne des Menschen. Sinne dienen unserer Wahrnehmung und arbeiten mit Hilfe der Sinnesorgane. Mit ihnen nehmen wir Eindrücke und Reize aus der Umwelt wahr. Schon Aristoteles, der bekannte griechische Philosoph und Naturforscher, beschrieb sie vor etwa 2400 Jahren. Aber neben diesen klassischen zählen auch die Wahrnehmung von Temperatur, von Bewegung und das Gleichgewicht zu den Sinnen, mit denen der Mensch ausgestattet ist. Unsere Augen sind für die "visuelle Wahrnehmung" zuständig, also für alles, was man sehen kann. In der Netzhaut nur eines Auges befinden sich etwa 130 Millionen Sehsinnzellen. Diese werden in Stäbchen und Zäpfchen unterteilt. Die Stäbchen unterscheiden schwarz-weiß Bilder und ermöglichen so auch das Sehen bei Dämmerung. Mit den Zapfen werden Farben wahrgenommen. Soweit nun die Theorie, die Petra Eißing noch an der Radstation voraus geschickt hatte um dann auch gleich loszuradeln, um diese Theorie nun auch in der Praxis mit uns zu testen.

Es ging zunächst in die Ovelgünne nahe des Segelflugplatzes bzw. der Hasselbecke und dort hinein in die Natur- und Schrebergarten-Anlage “Paters Bungert”. Der Name Bungert heißt soviel wie Baumgarten. 1936 haben die Franziskaner die Anlage als Obst- und Klostergarten angelegt. Sie wurde später von der Stadt Dorsten übernommen. Was wir dort sahen, waren die verschiedensten bunten Blumen und Obstbäume, aber auch Nutzpflanzen, verschiedenste Insekten, bequeme Stühle vor kleinen Häusern und Menschen, die hier mit und an der Erde arbeiteten, sowohl mit der Hand als auch mit Geräten oder auch nur ruhten und was wir hörten war Vogelgezwitscher und leises Summen - also auch Hören war hier neben dem Sehen und Tasten (taktiler Sinn) die vorherrschenden Sinne. Die auditive Wahrnehmung, der Hörsinn setzt ein intaktes Gehör voraus und kann bis zu zwanzig Signale in einer Sekunde wahrnehmen. Durch den Hörsinn kann der Mensch Gesprochenes verstehen, Musik hören und Gefahren wie Schüsse oder Donner erkennen. Die Ohren dienen aber nicht nur zum Hören, sondern sind auch für das Gleichgewicht zuständig. Der Gleichgewichtssinn wird auch Vestibulärapparat genannt und liegt zum Großteil in den Vorhofsäckchen des Innenohrs. Durch ihn kann der Mensch koordinierte Bewegungen ausführen und verfügt über ein Orientierungsbewusstsein.

Es ging weiter zum Dorf Hervest und siehe da, an der Dorfstraße bogen wir ein zu einem verwunschenen, rel. kleinen Haus vor der Hervester Mühle und auch hier konnten wir wieder sehen, wo und was es war - das vielen aber lange nicht allen bekannte Mühlenhus - eine Blumenbinderei mit besonderem Niveau. “Mit Herzblut, der Liebe zum Handwerk und der Gestaltung mit innovativen Blumen und Pflanzen” haben sich Stephanie Rekers und Regina Klümper ihren Herzenswunsch erfüllt - so ihre Begrüßung auf der Homepage. Und in der Tat war so auch das Willkommen schon vor dem Haus von Regina Klümper. Natürlich durften wir alles erkunden, sowohl im Haus als auch in den Außenanlagen und dem weitläufigen Garten. Hier konnten wir nun beinahe alle Sinne einsetzen - neben dem Sehen und Hören wurden hier jetzt auch das Riechen und Tasten, aber auch als Folge der kleinen Räume ebenfalls das Körperempfinden und die Körperbalance (Gleichgewichtssinn) angesprochen. Es war ein Rausch von wunderschönen Farben und Formen der sorgfältig arrangierten Pflanzen und Blumen dort zu bewundern und der Blick in den Garten rundete das Empfinden wunderbar ab. Ob nun Grünpflanzen vor rotem Hintergrund oder farbige Rosen, Gestecke oder Deko-Artikel vor blauem oder andersfarbigem Hintergrund - alles fügte sich harmonsch zueinander.

Und bei einem kühlen Getränk und der wärmenden Ansprache von Regina Klümper und ihrer Mitarbeiterin hätte man hier noch gerne eine Zeitlang verbracht. Aber es ging weiter zur nächsten Station am Brunnenplatz, inmitten von Hervest Dorsten. Der Platz, mittlerweile wieder mit schönen Ahorn-Bäumen umrundet, direkt vor dem markanten, den Bergleuten gewidmeten Brunnen dann unser Zielobjekt: ein nostalgisch eingerichteter Raum des Bergbauvereins mit mannigfachen Gerätschaften von Bergarbeiterfamilien aus vergangener Zeit, u.a. auch eine TV-/-Phono Truhe (Ende der 50/60er Jahre). Um auch das Schmecken anzusprechen, reichte uns hier Petra Eißing kleine Häppchen Pumpernickel und erzählte dabei von dem päpstlichen Gesandten Fabio Chigi, der 1644 bis 1649 auf der Durchreise nach Münster auch wohl Dorstener Boden in Augenschein nahm, bevor er dann nach Lüdinghausen weiterreiste. Er wollte in Münster auf Geheiß des damaligen Papstes Innozenz an den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden teilnehmen. Unsere Gegend, in die er mit einer Sänfte vom Rhein bei Wesel bis hierher getragen wurde, gefiel ihm überhaupt nicht, da es ständig regnete und als man ihm dann auch noch Pumpernickel reichte, soll er sich besonders erzürnt haben. Sein Ausspruch zu dieser Kost ist überliefert. “Pumpernickel wird dieses Brot beim Volk in Westfalen genannt und kommt doch einer fast menschenunwürdigen Kost selbst für Bauern und Bettler gleich”. So waren hier wieder das Sehen, das Körpergefühl (wegen des kleinen Raumes) und eben auch jetzt neu das Schmecken besonders angesprochen.

Wir radelten jetzt über die Burgsdorffstraße, den Harsewinkel und an der Kreuzung mit der Halterner Straße scharf nach rechts und da dämmerte es bereits den/die eine(n) oder anderen Teilnehmer*in. Wir standen vor dem Hause Balster, einem Spezialisten und ausgewiesenen Kenner von edlem Tabak in Form von Zigarren und Pfeifen incl. des benötigten Tabaks und von Spirituosen des Typs Whisky und Rum - neben dem Lottogeschäft und den verschiedenen Zeitschriften usw. Also wollte man uns hier in diesem edlen Haus jetzt als weiteren Sinn das Riechen ermöglichen. Der heutige Chef des Hauses, Simon Balster, erklärte uns alles zu diesen Dingen, danach durften wir im gesamten Laden herumstöbern und eben riechen - ob nun an verschiedenem Tabak oder an den vielen Zigarren, die in einem gesonderten Raum zur Aufrechterhaltung der Feuchte lagerten. Es war in der Tat betörend. Das Riechen bzw. die olfaktorische Wahrnehmung (lat. olfacere = riechen) bei Mensch und Säugetier funktioniert über das Sinnesorgan Nase. Der Geruchssinn funktioniert ähnlich wie die gustatorische Wahrnehmung (Geschmack) auf der Basis von chemischen Reizen. Luftmoleküle gelangen durch die Nase zu den Riechzellen. An Rezeptorproteinen der Sinneszellen binden die Moleküle und lösen dadurch eine Reaktion aus, infolgedessen eine elektrische Erregung (Aktionspotential) entsteht. Über den Riechnerv erreichen die zahlreich ausgelösten Erregungen den Riechkolben im Gehirn. Insgesamt verfügt der Mensch über ca. 25 Mio. Riechzellen. Zum Vergleich: Ein Hund besitzt das 10fache dieser Zahl (250 Mio) und dazu einen - im Verhältnis zum Gehirn - viel größeren Riechkolben als der Mensch. Der menschliche Geruchssinn ist gemessen an anderen Säugetieren also eher schwach, aber dennoch ausgeprägt genug, um "gefährliche Moleküle" wahrzunehmen. Darin liegt in erster Linie auch der evolutionäre Hintergrund des Geruchssinns. Riechen schützt uns davor, von übelriechenden (und möglicherweise giftigen) Nahrungsmitteln zu kosten. Jetzt ging es weiter zu unserer letzten Station, dem Raumausstatter Scholten auf der Hardt.

Allerdings wußte das natürlich ausser Petra Eißing kein(e)r von uns. Als wir die Fahrräder vor dem Haus abgestellt hatten, zeigte uns Eißing zunächst Fotos, auf denen zwei behinderte junge Männer zu sehen waren, u.a. ein Blinder der sich mit der Hilfe einer weiteren Person fortbewegte. Dazu merkte Sie an, das beide abgebildeten Personen stumm seien, der zweite auf dem Weg zur völligen Erblindung infolge von Diabetes war. Diese so fast Taubstummen konnten sich in ihrer Wohngemeinschaft eigentlich nur durch die anderen Sinne noch orientieren - einfach bemerkenswert! Danach begrüßte uns dann die zwischenzeitlich heraus getretene Petra Scholten, die Inhaberin des Geschäftes und bat uns zu sich hinein. Sie zeigte zunächst die Werkstatt, in dem z.B. Polsterungen und Bezüge verschiedenster Art und Größen auf Sessel, Sofas oder Stühle drapiert werden können, danach auch Licht- und Sonnenschutz-Vorhänge in den verschiedenen Farben und Größen. Dabei erfuhren wir z.B. von Petra Eißing, wie sie dort ebenfalls einen Sessel hat beziehen lassen, in dem ihre Schwiegermutter, die sie sehr mochte, oft gesessen hatte. Dann gingen wir an einen großen Tisch, der von einer ringförmigen LED-Beleuchtung angestrahlt wurde und auf dem ebenfalls verschiedenste Stoffe sich wiederfanden, ein wahres Kompendium an Beschaffenheiten und Farben - und wie sich diese anfühlten, konnten wir dort gleichfalls erfahren - dank unseres Tast- und Sehsinns. Petra Scholten führte weiterhin aus, wie breit und vielfältig die Firma aufgestellt und das Spektrum der Arbeiten eines Raumausstatters ist. Eine Ausbildung findet z.Z. aus verschiedenen Gründen nicht statt. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, machte Petra Eißing noch ein Foto mit allen teilnehmenden Personen vor dem Geschäft.

Dem Verkehrsverein Dorsten bleibt ein Dankeschön zu sagen für diese sehr besondere Radtour, bei der alle unsere Sinne angesprochen wurden und natürlich auch bei den verschiedenen Gastgebern, die uns das so ermöglicht haben.

Fotos